?
Die Stuttgarter Stadtverwaltung hat in den letzten Monaten etwa 40?000 Besitzerinnen und Besitzer von Zweitwohnungen angeschrieben. Neben der Information über die Steuerpflicht war beabsichtigt, noch vor Beginn der Steuerpflicht eine Bereinigung des Melderegisters zu erreichen. Die Erfahrung anderer Gro?städte, die in den vergangenen Jahren eine Zweitwohnungssteuer eingeführt haben, hat gezeigt, dass deren Datenbestand bei den Nebenwohnsitzen um über die Hälfte veraltet oder überholt war.
Insofern war es zu erwarten, dass auch in Stuttgart mit den Informationsschreiben eine Bereinigung des Melderegisters verbunden ist. Erster Bürgermeister Michael Föll hat darauf hingewiesen, dass seit April 2010 in Stuttgart auch tatsächlich über
15?000 Nebenwohnsitze abgemeldet oder im Datenbestand von Amts wegen gelöscht wurden. Vielfach bestand die Zweitwohnung bereits seit Jahren nicht mehr. Wie er weiter erläuterte, führt der Rückgang der Nebenwohnungen entgegen der Darstellung des Haus- und Grundbesitzervereins jedoch nicht zu einem Rückgang der amtlichen Einwohnerzahl, die nach den Aufzeichnungen des Statistischen Landesamts zum 31. Dezember 2009 in Stuttgart 601?646 Einwohner betragen hat und auf der Grundlage der gemeldeten Hauptwohnsitze ermittelt worden ist.
Von April bis August über 700 Ummeldungen
Darüber hinaus ist die Einschätzung von Haus und Grund nicht richtig, so Michael Föll, dass die Zahl der Ummeldungen von einem Neben- zu einem Hauptwohnsitz gering seien und die mit der Einführung der Zweitwohnungssteuer beabsichtigten Verbesserungen beim kommunalen Finanzausgleich oder dem Gemeindeanteil an der Einkommensteuer nicht erreicht werden: ?Wie eine Auswertung ergeben hat, ist die von Anfang April bis Ende August 2010 erfolgte Zunahme der Hauptwohnsitze (+947) in Höhe von 727 auf so genannte Statuswechsler, also auf eine Ummeldung von Neben- in Hauptwohnsitz im Zusammenhang mit der Einführung der Zweitwohnungssteuer zurückzuführen.?
Der Finanzbürgermeister ist zuversichtlich, dass die mit der Einführung der Zweitwohnungssteuer geplanten Mehreinnahmen (840?000 Euro Steueraufkommen und 3,7 Millionen Euro Finanzzuweisungen) erreicht werden, weil erfahrungsgemä? die meisten Ummeldungen im Zusammenhang mit dem Versand der Steuererklärungen im Herbst erfolgen werden. Er machte in diesem Zusammenhang nochmals deutlich, dass es sich bei der Zweitwohnungssteuer entgegen der Aussage von Haus und Grund nicht um eine Luxussteuer handelt, sondern ? wie auch die Vergnügungssteuer oder die Hundesteuer ? um eine kommunale Aufwandsteuer, bei der eine über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehende Verwendung von Einkommen und Vermögen besteuert wird.
Erweiterung der Ausnahmen
Im Zuge der Auswertung der Reaktion auf die Informationsschreiben ist die Verwaltung auf verschiedene Lebensbedingungen gesto?en, die von einer Besteuerung ausgenommen werden sollten. So schlägt die Verwaltung dem Gemeinderat vor, Menschen mit dauerhaftem Wohnsitz in Alten- und Pflegeheimen sowie Behinderte, die aus therapeutischen Gründen in einer entsprechenden Wohneinrichtung untergebracht sind und deshalb einen Zweitwohnsitz vorhalten, nicht mit der Steuer zu belasten. Diese haben, wie sich nun gezeigt hat, oftmals aus Verbundenheit einen weiteren Wohnsitz bei den Angehörigen gemeldet. Zudem sollen Minderjährige unter 18 Jahren, die ausbildungsbedingt in Stuttgart einen Zweitwohnsitz haben, von der Steuer befreit werden, weil sie sich nach dem in Baden-Württemberg geltenden Melderecht zwingend am Hauptwohnsitz des sogenannten Personenfürsorgeberechtigten anzumelden haben.
Keine weiteren Steuerbefreiungen
Im Unterschied zu den genannten Personengruppen sieht die Verwaltung keine Notwendigkeit unverheiratete Paare oder unverheiratete Nebenwohnsitzinhaber wie Soldaten und Zivildienstleistende von der Besteuerung auszunehmen. Das Gleiche gilt für Personen über 18 Jahren, die in Stuttgart ihren Hauptwohnsitz hatten, jetzt aber auswärts studieren oder ihre Ausbildung absolvieren.
Wie Finanzbürgermeister Michael Föll erläutert, sind verheiratete oder in einer eingetragenen Lebensgemeinschaft lebende Personen nach einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) für die aus beruflichen Gründen vorgehaltene Zweitwohnung von einer Besteuerung auszunehmen. Dies wurde schon bisher berücksichtigt. Demgegenüber unterliegen unverheiratete Paare keiner vergleichbaren melderechtlichen Zwangslage und können unterschiedliche Hauptwohnungen unterhalten.
Hinsichtlich der Personen über 18 Jahren, die auswärts studieren oder ihre Ausbildung absolvieren, deren Eltern aber mit Hauptwohnsitz in Stuttgart leben, ist melderechtlich zwischen ?ehemaligen Kinderzimmern?, die nur oder vorwiegend dem erwachsenen Kind zur Verfügung stehen und solchen Räumen oder Gästezimmern in elterlichen Wohnung zu unterscheiden, die sowohl von den Kindern wie auch von anderen Personen und Gästen gelegentlich genutzt werden. Erster Bürgermeister Michael Föll: ?Die nur gelegentliche Nutzung einer allgemeinen ?bernachtungsmöglichkeit in der elterlichen Wohnung stellt keine Nebenwohnung im Sinne des Melderechts dar. Eine Steuerpflicht wäre damit nicht gegeben.? Etwas anderes gilt, wie die Gerichte schon wiederholt festgestellt haben, dann, wenn in der elterlichen Wohnung das ehemalige Kinderzimmer nur für das erwachsene Kind vorgehalten wird.
In der weiteren Vorbereitung der Stadtkämmerei ist vorgesehen, die Zweitwohnungsbesitzer, die bisher noch nicht reagiert haben, erneut anzuschreiben. Im nächsten Schritt sollen die Vordrucke zur Abgabe der Steuererklärung versandt werden. Weitere Informationen zum Thema Zweiwohnungssteuer stehen auf der Homepage der Landeshauptstadt www.stuttgart.de.